Überblick über die Rechtsmittel und Möglichkeiten nach einer Verurteilung
Ein Urteil zu akzeptieren, welches man für schlicht falsch hält, fällt verständlicherweise schwer. Die Konsequenzen daraus zu tragen ist schier unerträglich. Manchmal selbst dann, wenn das Gericht seine Auffassung sehr nachvollziehbar erklärt. Die Frage nach den Möglichkeiten, dieses Ergebnis zu korrigieren, liegt da sehr nahe.
Berufung und Revision
Gegen erstinstanzliche Strafurteile vom Amtsgericht haben Sie zunächst die bekannten Rechtsmittel der Berufung und Revision. Während in einer Berufung der komplette Fall erneut verhandelt wird, mit allen Beweiserhebungen und Möglichkeiten, findet bei der Revision vor dem Oberlandesgericht nur noch eine Überprüfung des Urteils auf Rechtsfehler statt, was eine möglichst genau Überprüfung des Urteils voraussetzt und deshalb von einem Rechtsanwalt begleitet werden muss.
Gegen ein Urteil des Landgerichts gibt es keine Berufungsmöglichkeit. Somit bleibt nur noch die Revision zum Bundesgerichtshof.
In Jugendstrafsachen gilt im Prinzip dasselbe, mit der wichtigen Ausnahme, dass nur ein Rechtsmittel möglich ist. Wird Berufung eingelegt ist eine anschließende Revision unzulässig.
Verfassungsbeschwerde
Wenn Berufung und/oder ebenfalls erfolglos bleiben kann unter Umstände Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht eingelegt werden. Erfolgsaussichten können im Einzelfall gegeben sein, setzen aber eine sehr eingehende und umfassende Prüfung voraus.
Gnadengesuch
Sofern das Urteil rechtskräftig ist, kann dessen Ergebnis in sehr seltenen Fällen im Wege der Gnade noch geändert werden. Es können Bewährungsaussetzungen oder Milderungen, sowie Strafaufschübe ausgesprochen werden. Auf einen derartigen Gnadenerweis haben Sie allerdings keinen juristischen Anspruch; nicht umsonst heißt es „Gnade vor Recht“. Deshalb ist die Mitwirkung eines Anwalts hier auch nicht zwingend erforderlich. Jeder kann für jeden um Gnade bitten.
In einem Gnadengesuch sollten sämtliche Umstände dargelegt werden, die das verurteilende Gericht nicht gesehen hat oder sehen konnte, insbesondere Konsequenzen, die andere Personen als der Verurteilte zu tragen haben und die die Situation des Verurteilten außergewöhnlich von denen anderer Verurteilter unterscheidet.
So Sie ein Gnadengesuch stellen wollen, entnehmen Sie die zuständige Gnadenstelle bitte der Gnadenordnung Ihres Bundeslandes. Ich muss Sie aber darauf hinweisen, dass die Erfolgsaussichten derartiger Gesuche regelmäßig äußerst gering sind.
Wiederaufnahmeverfahren
Werden nach einer Rechtskräftigen Verurteilung neue Tatsachen und Beweismittel bekannt, etwa weil neue Zeugen auftauchen oder ein Belastungszeuge seine Aussage widerruft, kann mitunter ein Wiederaufnahmeverfahren durchgeführt werden. Da die „Hürden“ des § 359 StPO für einen darauf gerichteten Antrag sehr hoch und die Verfahren sehr komplex sind, muss dieser Antrag von einem Rechtsanwalt gestellt werden. Hier besteht Anwaltszwang. Die Erfolgsaussichten derartiger Anträge sind aufgrund der durch das rechtskräftige Urteil bestehenden Rechtssicherheit eher gering, im Einzelfall aber sorgsam zu erörtern.
Bei allen Rechtsmitteln und weiteren Möglichkeiten ist die Hinzuziehung eines Verteidigers ratsam, da nur so Missverständnisse und Fehler zu vermeiden sind, die die Wahrung Ihrer Rechte möglicherweise sogar verhindern.